ISBN: 3-85129-485-8
(…) Gefangene sind wir in Fluten der Bilder, Myriaden Zeichen und Botschaftssignalen aus Nichts” (…)
Mit ihren Neun Elegien setzt Marie-Thérèse Kerschbaumer die Poetik der Sprache wider die Beschleunigung des Nichts. Als einen Abgesang auf die vergehende Epoche des Buchwissens, der Handfertigkeiten und des Generationen überdauernden Gedächtnisses. Um das Maß aufzuspüren im Jetzigen und dem Kommen des ungewissen Neuen das Fließen von Sprache entgegenzusetzen, denn “Am Anfang war der Wunsch, der Gesang, / am Angang war der Schritt, das Maß, war der Zirkel (…)”. In der Langsamkeit der Elegien, in polymorphen Bildern und im Klang der Sprache verschiebt die Dichterin gewohnte Welt-Sichten und verführt die Leserin und den Leser zum Staunen über die Kraft der Poesie, die in der spanischen Übertragung von Maria Elena Blanco ihre kongeniale Entsprechung fand.
Poesie / Neun Canti auf die irdische Liebe
ISBN: 3-85129-017-8
“Was taten du und ich, als wir liebten, das Wasser und die Luft und die Erinnerung, die vor uns floh”, liest sichs in ihrem Roman Schwestern – in den nun veröffentlichten Canti zeigt Marie-Thèrése Kerschbaumer die Frauen, den Menschen im Element der irdischen Liebe und sich ganz in ihrem poetischen.
ISBN: 3-85129-595-1
Allegorisierend und alliterierend, lapidar und artifiziell ist der Ton der Verse im orliegenden Gedichtband. Stets getragen von großer Musikalität, schaffen die Gedichte Marie-Thérèse Kerschbaumers höchst anschauliche Bilder -und ikonographische Gedanken-Welten ‡ über Liebe und Tod, über Natur und Mensch-SEIN.
»Man kann, finde ich, der Hölle der Hitlerzeit nur in zwei Formen gerecht werden: durch authentische Dokumentation oder durch dichterische Gestaltung auf hoher Ebene – entweder Das Tagebuch der Anne Frank oder Paul Celans Todesfuge, Ernst Jandls deutsches gedicht – und jetzt Marie-Thérèse Kerschbaumers Der weibliche Name des Widerstands«, schrieb Hans Weigel anlässlich der Erstauflage.
»Was Holocaust mit dramatischen Populärmitteln gelang, erreicht Marie-Thérèse Kerschbaumer jetzt mit den Mitteln der konkreten Poesie: gerade die Grenzwerte des ästhetischen Spektrums machen die unausdenkliche Menschenausrottung im ›Dritten Reich‹ darstellbar. (…) In diesem Buch dringt uns Geschichte als Rede in den Mund: als der anhängige Prozeß zwischen gestern und heute immerfort neu zu lesen und zu verändern.« (Hansjoachim Bleyl, F.A.Z.)
»Hier werden Vorgänge, die sich aller beschreibenden Faktizität entziehen, beschreibbar gemacht durch die Mittel der Poesie. Sie erweist sich als der einzige, als der angemessene Weg.« (Rolf Schneider, DIE ZEIT)
»Mit Der weibliche Name des Widerstands legte Marie-Thérèse Kerschbaumer wenig später den Grundstein für ein Werk, das in seiner Vielstimmigkeit und Verdichtung wie der weibliche Entwurf von Joyces Prosa wirkt.
Perspektivenwechsel, Montage, innerer Monolog, szenische Auflösungen, dokumentarische Sachlichkeit und assoziatives Schreiben bilden ein literarisches Portrait, das die Sprache des Romans als ein System von Sprachen versteht, die sich gegenseitig animieren. Ein Zentrum des Bewußtseins, die innewohnende Autorin, organisiert dabei die Vielstimmigkeit und hält sie zusammen.« (Walter Grond)
»Es gibt kaum ein anderes Buch, das auf eine so umfassende Weise die lethargischen Kräfte des Bestehenden, Gedankenlosigkeit und Erfahrungsverlust, die eigenen kleinlichen Interessen und die angelernten großen Phrasen auf den verschiedenen Ebenen, vom Alltagsbewußtsein bis zur Literaturkritik, in den Erzählvorgang aufnimmt und trotzdem eine unbestechliche Haltung der Trauer, eine weitreichende und nie aufgegebene Erinnerungsfähigkeit durchzuhalten vermag, welche dem Buch seine Schönheit verleiht.« (Hans Höller)
»Ein Vierteljahrhundert nach seinem Erscheinen Marie-Thérèse Kerschbaumers Buch Der weibliche Name des Widerstands wieder zu lesen kann nicht nur bedeuten, den Mut, die Eigenwilligkeit und die sprachliche Präzision dieser Berichte retrospektiv noch einmal zu würdigen. (…) Wohl stand Marie-Thérèse Kerschbaumers Buch am Beginn des Diskurses, war ein entscheidendes Initial. Es stand und steht aber in seiner spröden und traurigen Schönheit bis heute quer zu den ideologisch-moralischen Schematismen, die die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nur allzu oft dominieren.« (Konrad Paul Liessmann)
»… ein Roman über die Intimität bestimmter Lebensformen, über eine der seltsamsten und vielleicht schönsten Vater-Tochter-Beziehungen in der neueren Literatur.«
Die Bühne
ISBN: 3-85129-063-1
Wenig ist mir in letzter Zeit so nah gegangen wie Fern von Marie-Thérèse Kerschbaumer. Erzählt wird von einem Kindermädchen, das die Unschuld der Kinder nicht mehr hat und das erwachsen abgebrühte Fehlen von Unschuld noch nicht. Was Kinder von der Welt ersehnen, kann dieses Mädchen formulieren. Was Erwachsene formulieren, kann das Mädchen entzaubern. Diese Figur wird jedem, der lesen kann, in Erinnerung bleiben als Mittlerin zwischen kindlicher Sehnsucht und jener Erwachsenenwelt, die vergessen hat, was die Idee des Lebens ist: eine schöne Seele zu erlangen – so schön, wie in der sprachlosen Zeit! M.-T. Kerschbaumer zeigt: Nicht das Erwachsen-Werden ist unvermeidlich, sondern das Groß-Werden möglich! Robert Menasse
Mitten im Wien unserer Zeit lebt eine Dichterin von europäischem Rang. Ein Meisterwesen der genauen Wahrnehmung, des unbestechlichen Erinnerns, der erstaunlichsten poetischen Eingebungen, mit einer Sprache, die auf Hermann Broch verweist und somit auf die stärksten Augenblicke der jüngeren österreichischen Literatur. Diese Dame heißt Marie-Thérèse Kerschbaumer und wurde zwar mit wesentlichen Preisen bedacht, aber zu unser aller Schaden bisher zu wenig gelesen. Ihre Bücher sollten in jeder guten Bibliothek als Kraftfeld genützt werden. André Heller
Aus dem Buch:
Von der Abbildung der Wirklichkeit zur Idee von Wirklichkeit. Die bereits mit der Photographie in Konkurrenz stehende Malerei. Der Beginn des Kubismus. Noch stehen ihr Elemente des Figuralen, die sie in ihre geometrischen Flächen hereinnimmt, zur Verfügung. Streng ist die Anordnung aus Geometrie und Farbe. Oftmalige Betrachtung fordert und bringt eine Erschließung der Bilder. Immer neu ist die Entdeckung von Formen und Inhalten dieser nüchtern wirkenden und doch rätselhaften Bilder. Anders als die nonfigurale Malerei, die fröhlich wirkt oder flach, je nachdem. Aber ist nicht diese immer neue Entdeckung anderer Formen allen Kunstbetrachtungen, will sagen Betrachtern, eigen? Je beigegeben, beinahe naturgemäß? Naturgemäße, unabschließbare Auslegung eines betrachteten Gegenstandes oder Faktums, der oder das nicht Natur, sondern Gemachtes, also Machwerk, selbst Kunst ist, ein von Menschen erzeugtes Erzeugnis. Da, wo Natur das Bewußtsein ihrer selbst erlangte und sich selbst auf höchstem Niveau und Ausprägung weiß, in der Wahl der Möglichkeiten nach den Prinzipien des Schönen, tritt Natur mit ihrem Gegenteil, Kunst, in unabschließbaren Dialog. Was ist das Schöne, das ich suche? Was ist das Schöne, das sich mir darbietet, durch Zufall oder Kalkül?
Freunde des Orpheus nennt Marie-Thérèse Kerschbaumer die Dichter. 28 Essays (davon 13 unveröffentlicht) betrachten in diesem Lichte: Angel Augier, Max Blaeulich, María Elena Blanco, Albert Drach, Hans Haid, Albrecht von Haller, Julian Schutting, Eduardo Labarca. Adalbert Stifter, Georg Trakl, Gerhard Lampersberg. Elisabeth Wäger, Linde Waber. Alfred Noll. Dante Alighieri. Die Bildhauerin Gret Einberger. Drei Gedichte, Notizen zum eigenen Werk, zu Lyrik aus Österreich und ein Interview ergänzen das Buch.
Singen will ich, Musen … die Gabe des Menschen, sein Merkmal, Sprache in früher Kindheit geübt, im Innern bewahrte, vergessene Regeln, über Generationen vererbt, Materie und Material, werdend gewordenes Denken. Singen will ich die Kunst des Dichters, Mund und Wort seiner Zeit, über die Zeiten zu sein. Vom Glücksgefühl beim Lesen, „Dem Erinnern entrissen“ (2001), ein Jenseitsflug oder -tauchgang zum Mythos der Mythen, Introitus scherzhaft („Die Mythe lebt“), Verwünschungsparadigma („Am Ursprung der Mythen“), tief Atemholen wie des Geheimrats („Ach du warst …“) Und dann der Abstieg, Beweis für Hermann Broch (der Dichter wende zum Mythos sich oder ist nicht), beginnt also Schutting „Ach, ich geb sie nicht verloren …“, was nicht mehr zu sagen ist, dass Dichtung Liebe, zur Grammatik, zum Menschen, Liebe (auch), unser aller Werkzeug, Hymnos an den Sänger („Orpheus“), Gesang, unerhört in heutiger Nüchternheit, Unberührbares nennend ohne Berührung, in Vorwegnahme des unvergleichbaren Gedichts „Zueignung“ (Hymnus aufOvids „Metamorphosen“ „Von Gestalten zu künden, welche verwandelt / In neue Körper fanden, treibt mich der Geist.“
TIROLER GEGENWARTSLITERATUR 1681
Res publica
Ab und zu tauchen sie jäh auf, diese Bücher, die aus der Zeit gefallen sind. Sie lösen ungeheure Überraschung aus in einer genormten Bücherwelt und zeigen, wie sich der sogenannte Zeitgeist letztlich in einer riesigen Gedanken-Flaute selbst still legt.
Marie-Thérèse Kerschbaumer eröffnet mit ihrer „Res publica“ gar eine eigene Reihe, die Ultramarin-Reihe im Wieser Verlag. Als Vorspann erklärt sie, wie es zu diesem edlen Namen gekommen ist. Zuerst will man zu den Wortfeldern Warnruf, Weitblick oder Besichtigung etwas zeitlos Lateinisches, doch dann schlägt die Komponente von zwei Farben, die etwas Neues ergeben, sofort in die richtige semantische Kerbe: Ultramarin ist eine zeitlose Farbe und zu manchen Zeiten wertvoller als Gold.
Als Eröffnung der Reihe nimmt sich Marie-Thérèse Kerschbaumer etwas schier Ausgestorbenes vor. Sie rezensiert Heinz Gunermanns Neuübersetzung von Ciceros „Brutus“ aus dem Jahre 2012 (Reclam UB 18825). Das Buch interessiert sie als Philologin, weil darin die aussterbende Redekunst analysiert und für die jeweilige Gegenwart aktualisiert wird, und als politische Schriftstellerin, die um die Verknüpfung von Wort und Tat weiß.
So eine zweisprachige Ausgabe (lateinisch/deutsch) müsste man unbedingt mit Gerhard Kofler besprechen, gedenkt die Autorin des 2005 verstorbenen Südtiroler Autors und nennt ihn einen Römer, der gebildet durch die Zeitläufe geht. Die Autorin beruft sich noch auf zwei verstorbene Autorinnen der Grazer Autorenversammlung, die sie politisch bei der Lektüre von Cicero begleiten, auf Heidi Pataki, die ihr Schreiben als politische Antwort verstanden hat, und Elfriede Gerstl mit ihrem leuchtenden Diktum: „Alles, was sich sagen lässt, lässt sich auch einfach sagen“.
Dieses fiktive Gespräch mit gerade verstorbenen Autorinnen korrespondiert mit den Teilnehmern an einem fiktiven Gespräch, das Cicero mit Brutus und Konsorten gehalten hat. Dabei vermengen sich Gedankengänge zur Gegenwart mit jenen zur Originalzeit etwa 44 v. u. Z.
Letztlich stellt sich heraus, dass die Schlüsselwörter des politischen Handelns und Redens über Jahrtausende gleich geblieben sind. Rettung, Zukunft, Vernunft etwa, wiewohl sie in den gegenwärtigen Reden kaum in dieser Fügung vorkommen.
Um das Brutus Gerüst herum (Prooemium / Gespräch über Geschichte und Theorie der griechischen Beredsamkeit / Gespräch über die römische Beredsamkeit / Finale) lässt die Rezensentin ihren Gedanken freien Lauf, die sie oft als Exkurse, Abschweifungen und Seiten-Notizen ablegt. Diese Einträge beziehen sich auf Cicero und seinen Übersetzer Gunermann gleichermaßen.
Im Anhang kommen die aktuellen Politiker Blair, Clinton, Sarkosy und Napolitano auf den rhetorische Seziertisch und werden nach der Cicero-Methode analysiert.
Rezension und Neuübersetzung des Brutus gehen schließlich so ineinander über, dass daraus in ultramariner Weise ein neues „öffentliches“ Kunstwerk entsteht.
Herzl. Grüße aus Innsbruck, Helmuth Schönauer
ISBN: 978-3-99029-205-1